Total übermüdet hatte ich mich am Sonntagmorgen aus dem Bett gequält. Nachts war ich aus dem sonnigen Ägypten zurück ins eisige Deutschland gekommen und die Highlights des Nordderbys haben mich aus den Federn gelockt. Also rauf aufs Sofa, drei Wolldecken drüber und Sport1 an. Hatte ich eben Highlights gesagt? Die gab es nicht, ein Schüsschen von Aaron Hunt war bis zur 89. Minute das Gefährlichste. Dann würgte Belfodil das Siegtor für meine Bremer über die Linie. Im Anschluss lief wie immer der Doppelpass, eine Sendung, die ich wirklich meide. Mir sind die Phrasendrescher und Bild-Meinungsmacher zuwider. 

Spielbericht des SC HarzTor

Doch dieses Mal blieb ich dran, denn die Experten nahmen die Aussagen der HSV-Offiziellen und Spieler auseinander. Aufhänger war der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Heribert Bruchhagen. Dieser wütete in alle Mikrofone und Kameras, dass das Siegtor irregulär gewesen sei. Schon war die Diskussion eröffnet. Mich hatte eine andere Aussage aber mit offenem Mund zurückgelassen. Stürmer Andre Hahn hatte sich vor die Kamera gestellt und auf die Frage nach der Aussicht auf den Klassenerhalt tatsächlich gesagt: „Wir sind der HSV, wir haben es immer geschafft.“ Ich war einen kurzen Moment über dieses Selbstverständnis schockiert, aber es spiegelt genau das wieder, was meiner Meinung nach falsch lief beim nun endlich ausgestorbenen Bundesliga-Dino. Nach dem Relegationsdoppelpack 2014 und 2015 ging mir persönlich immer das Gefeiere auf den Sa…ääähhh…Keks und das ständige „immer erste Liga“-Gesülze – würg. Aber wie hängt das mit dem SCH zusammen? Am Ende der Saison 2015/16 rette der damals noch als SV Bad Lauterberg spielende Verein am vorletzten Spieltag den Verbleib in der Kreisliga. Die Jungs feierten das feuchtfröhlich und kreierten den Gesang: „Wir steigen niemals ab, ole, ole.“ Nun nach den Eindrücken des letzten Spieltags in der Bundesliga, hoffe ich, dass uns dieser Gesang nicht nach der Saison im Hals stecken bleibt. Wobei die Leistungen aktuell gegen einen Abstieg sprechen.

Die Parallele zum HSV mag vielleicht ein bisschen weit hergeholt sein, aber ich finde sie passt ganz gut, mal davon abgesehen, dass wir seit 2 Jahren mit einem Trainer ausgekommen sind. Ähnlich wie die Rothosen, steigern wir uns zum Ende der Saison, kämpfen verbissen gegen den Abstieg und zeigen welches Potenzial in der Mannschaft steckt. Dabei ging es denkbar schlecht los, denn der Groß Ellershausen begann wie aufgedreht. Mit dem ersten Angriff schenkten sie uns das 1:0 ein. Michel Daubert wurde klasse durch die Schnittstelle bedient und verwandelte eiskalt gegen Florian Möller. Weiter ging die wilde Fahrt. Die ganz in schwarz spielenden SCH-Akteure kamen nicht in die Zweikämpfe und folgerichtig fiel das durch Abstimmungsschwierigkeiten begünstigte 2:0 für die Heimelf durch Claudio Crapanzano. Die Detonation des Trainers war noch nicht ganz verhallt als Marvin Strauß den Anschlusstreffer erzielte. Von Alex Heitmüller auf die Reise geschickt, hatte Marvin Glück, dass der Ball nach seinem ersten Versuch vom Pfosten zurück ins Feld prallte und anschließend wieder vor seine Füße fiel. Somit belohnte sich unsere Sturmspitze für die deutliche Leistungssteigerung in den letzten Wochen. Endlich war der SC wach und kämpfte sich zurück ins Spiel und gestaltete dieses zunehmend offener. Vincent Rudolph hatte dieses mal kein Glück mit seinen Freistößen und scheiterte am Lattenkreuz bzw. ganz knapp. Florian und das Außennetz verhinderten, dass es auf der anderen Seite klingelte.
Dann ging es in die Halbzeit. Ein paar Pässe spielen gegen die Anspannung und gegen den Hunger einen Döner beim Lattenschießen gewinnen (danke Denis).

Dann schon ging’s weiter. Die Mannschaft kämpfte. Kapitän Thomas Henkel und seine Nebenmänner boten den im Bus mitgereisten Fans und dem Tabellenführer einen tollen Fight.
Ein echter Sonntagsschuss sorgte für die Vorentscheidung. Max Engel wurde direkt vor dem Standard eingewechselt. Freistoß oder Ecke, ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall flog der Ball nach zu kurzer Kopfballabwehr direkt auf seinen Schlappen. Engel nahm das Ding auf die Pfanne und es schlägt im Winkel ein – 3:1, Messe gelesen. So dachten wahrscheinlich viele Zuschauer. Die Schuller-Schützlinge bäumten sich aber nochmal auf und kamen nach tollem Pass von Stefan Gebauer auf Marvin erneut zum Anschlusstreffer. Darauf folgte ein wahrer Sturmlauf auf das Tor der Heimelf. Flanken und lange Bälle segelten reihenweise in den Strafraum, fanden jedoch keinen Abnehmer. Max Sommerfeld probierte es aus der Distanz – daneben, Abpfiff.

Am Ende hätte sich der SCH einen Punkt verdient gehabt. Insgesamt scheinen alle nach der Niederlage bei Eintracht Hahle kapiert zu haben, dass es nicht umsonst Abstiegskampf heißt.
Jetzt bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis nicht zu spät kommt, wie beim HSV und dass ich mich am Ende vielleicht auch einmal dazu hinreißen lasse anzustimmen: „Wir steigen niemals…“, lassen wir das.

Sehr gelungen war die gemeinsame An- und Rückreise mit dem Bus. Daran könnten sich Spieler und SC-Anhänger sicher gewöhnen.

Marcel Bernhardt

Für den SC spielten: Möller – Friedrich (69. Geisler), Panagiotudis, Rudolph, Dierks – Henkel – Goslar (73. D. Kajevic), Sommerfeld, Heitmüller (78. Koch), Gebauer – Strauß

Bank: Akdas, Bernhardt

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