Der FC Germania Bleckenstedt aus dem Bezirk Braunschweig sieht die Unterbauregelung als eine veraltete und nicht mehr zeitgemäße Vorgabe und empfiehlt das Umsetzen einer notwendigen Reform seitens des Niedersächsischen Fußballverbandes. Derzeit werden Vereine zur Teilnahme am Spielbetrieb in der Landesliga nur zugelassen, wenn diese neben dem erreichten Aufstieg aus der Bezirksliga auch die sogenannte Unterbauregelung erfüllen.

Pressemitteilung des FC Germania Bleckenstedt

Die Unterbauregelung des Niedersächsischen Fußballverbandes besagt, dass mindestens eine weitere Herrenmannschaft in einer unteren Leistungsklasse und eine Juniorenmannschaft in einer der Altersklassen von den A- bis C-Junioren (11er-Mannschaft) im Verein vorhanden sein muss.
Da die Bleckenstedter die Unterbauregelung aufgrund fehlender Juniorenmannschaften nicht erfüllen, entgeht dem derzeitigen Tabellenführer der Bezirksliga 3/Staffel B die Chance, in der kommenden Saison trotz möglicher sportlicher Qualifikation, in der Landesliga spielen zu dürfen. Auch die bereits seit Jahren etablierte Jugendspielgemeinschaft mit den Nachbarorten Hallendorf und Üfingen können derzeit keine A- bis C-Juniorenmannschaft stellen.
„In diesem Jahr haben wir ausgezeichnete sportliche Voraussetzungen und eine reelle Chance, den Sprung in die Landesliga zu schaffen“ sagt Vorstandsmitglied und Jugendleiter Thomas Köhler und ergänzt stolz: „Der Verein feiert im kommenden Sommer sein 100-Jähriges Bestehen. Unser Traum ist es, uns in diesem Jubiläumsjahr mit dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte, dem Landesliga-aufstieg, zu belohnen. Auch das aktuelle Beispiel aus der Saison 2019/2020 – der TSG Mörse durfte nicht aufsteigen – hat uns zusätzlich aufgeschreckt.“

Die fehlenden Jugendmannschaften sind nicht etwa ausschließlich im mangelnden Nachwuchs-engagement des Vereins zu suchen. Vielmehr sind die Gründe sehr vielseitig und teilweise auch infrastrukturellen und gesellschaftlichen Ursachen geschuldet. „Seit Jahren bemühen wir uns um den Aufbau funktionierender Nachwuchsmannschaften, so wie es sie vor langer Zeit bereits bei uns gab“, so Köhler. „Legt man den demografischen Wandel, die Auswirkungen der Corona-Krise sowie die wachsende Freitzeitkonkurrenz und den damit einhergehende Rückgang von Mannschaften und Spielern zu Grunde, so müssen wir uns eingestehen, dass kleinere Vereine trotz guter Arbeit und starkem ehrenamtlichen Engagement immer geringere Chancen haben, höherklassig zu spielen – trotz sportlicher Qualifikation. Die bisherigen Unterbauregelung sehen wir daher nicht mehr als zeitgemäß an und hoffen auf ein Umdenken beim Verband“ führt Köhler weiter aus.

Ein Bericht im NFV-Journal, Ausgabe 06/2020 beschreibt den Schwund an Jugendmannschaften eindrucksvoll und zeigt auch die Prognose auf, dass das ganze durch die Corona-Krise noch verstärkt wird. Darin wird beschrieben, dass heutzutage den Jugendlichen der Ehrgeiz fehlt, um buchstäblich am Ball zu bleiben. Hinzu kommt der Zeitmangel durch Ganztagsschulen, die Freizeitkonkurrenz durch Fitnessstudios bis hin zur klassische Playstation sowie der allgemeine Bewegungsmangel. Gestresste Eltern, die ihre Kinder nicht permanent von A nach B kutschieren können. Aber auch motivierte und qualifizierte Jugendtrainer fehlen in vielen Vereinen. Der Verband stemmt sich gegen den Trend und lockerte auch bei den Jugendspielgemeinschaften, die längst ihre frühere Gründungsintention als Notgemeinschaften abgelegt haben. Letztendlich aber kommt der Knick häufig spätestens dann, wenn die Jugendlichen ab der C-Jugend (14/15 Jahre) aufs Großfeld wechseln. Je älter die Spieler, desto dünner ist personell die Luft für die Mannschaften.

Im Bezirk Braunschweig ist dieser Trend auch klar erkennbar. 36 der insgesamt 64 Vereine, aufgeteilt in vier Bezirksligen, sind bereits Jugendspielgemeinschaften eingegangen (Stand: Saison 2019/20).
13 dieser 64 Vereine haben keine Mannschaft im A-, B- und C-Bereich. 10 Vereine haben lediglich eine einzige A-, B- oder C-Jugendmannschaft – eine JSG miteingeschlossen. Aufgrund dieser nicht aufzuhaltenden Entwicklungen ist es dringend erforderlich, die Unterbauregelung zu reformieren oder gar abzuschaffen. Der Wegfall der Unterbauregelung soll laut Köhler aber nur für die Landesliga und nicht für die Oberliga gelten. „Die Oberliga ist durch eigene wirtschaftliche Zulassungsvoraussetzungen und Vorgaben von Sicherheitsmaßnahmen gesondert zu betrachten – hier findet bereits eine Teilprofessionalisierung der jeweiligen Vereine statt.

Die Bleckenstedter wollen kurzfristig den Dialog mit dem NFV suchen und haben bereits einen entsprechenden Antrag zur Abstimmung beim NFV-Verbandstag im kommenden Februar eingereicht. Hier könnten per Beschluss bereits die Weichen für eine zeitgemäße Reform gestellt werden – nicht zuletzt auch um den Amateurfußball in kleineren niedersächsischen Vereinen und Ortschaften langfristig wieder attraktiver zu gestalten.

Germania Bleckenstedt steht hierfür auch dem Austausch mit anderen betroffenen Vereinen in ganz Niedersachsen offen gegenüber. „Nur ein gemeinsamer Austausch, auch mit den Verbands-verantwortlichen, kann uns hierbei ein zufriedenstellendes Ergebnis einbringen“ so Köhler abschließend. 

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