Es gibt Trainer, die am Wochenende an der Linie stehen, sich auf dem Weg zur Kabine über die Aufstellung Gedanken machen, diese womöglich auslosen und am Ende des Tages froh sind, wenn sie an der Seitenlinie ein paar pöbelnde Kommentare über die Leistung der eigenen Mannschaft aufs Feld gerufen haben. Job erledigt, ab nach Hause. Internetportale wie „Kreisligafußball ist….“ feiern solche „Helden“ in schöner Regelmäßigkeit und attestieren ihnen einen wie auch immer definierten „Kultstatus“.

Von Daniel Vollbrecht

Mit Bestürzung haben wir heute vom Tode Ioannis Spiroudis erfahren. „Janni“, wie er in der Göttinger Fußballszene genannt wurde, war keiner dieser vermeintlichen Helden. Janni lebte den Fußball in all seinen Facetten, auf und abseits des Platzes. Das Spiel begann nicht mit dem Anpfiff und endete nicht mit Sieg oder Niederlage. Es gab nur „Fußball“ oder „kein Fußball“. Seine Mannschaften, in denen er als guter Freund und als spannende Trainerpersönlichkeit respektiert war, hatten meist eine sehr heterogene Struktur und bestanden aus vielen verschiedenen Charakteren – doch Janni schaffte es auf bewundernswerte Art und Weise, nicht nur einheitlich gekleidete Fußballer zu sehen, sondern auch differenziert den Menschen hinter dem Fußballer wahrzunehmen. Nicht ohne Grund führte er jene Teams zu sportlichen Erfolgen, die von Außenstehenden oft als „schwierig“ eingeschätzt wurden.

Wie konnte er das schaffen? Mit Engelsgeduld und einer inneren Ruhe, an der so manch andere Trainerpersönlichkeit schon zerbrochen wäre. Schlechte Trainingsbeteiligung? Janni sprach mit den Spielern, interessierte sich für die Gründe, fragte nach. Und hatte auch in persönlichen Belangen meist einen guten Tipp oder wenigstens einen lockeren Spruch auf den Lippen. Und anstatt oftmals extrovertierte Spielertypen in ein festgefahrenes taktisches Konzept zu pressen, ließ er seinen Jungs viele Freiheiten, individuelle Stärken zu entfalten. Zu aktuell diskutierten fußballphilosophischen Fragen, ob man Kindern das Dribbling verbieten solle, hätte er gewiss die passende Antwort gehabt: „Was soll der Quatsch? Soll ich meine Spieler schlechter machen? Ihnen die Stärken nehmen?“

Ich selbst stand als Trainer der A-Jugend der JSG Schwarz-Gelb teilweise in Konkurrenz zu Jannis Sparta Göttingen. Wir haben um die gleichen Spieler geworben, standen uns in Testspielen gegenüber und waren sicherlich nicht immer einer Meinung. Bei einem Hallenturnier gerieten wir auch verbal aneinander. Doch bei aller sportlichen Rivalität beeindruckte mich die Klarheit, mit der Janni kommunizierte und einem in Diskussionen immer das Gefühl gab, seinen Standpunkt absolut ehrlich zu vertreten. „Daniel, Du hast keine Ahnung“, war mindestens ebenso pointiert deutlich wie „Ich bewundere, wie sehr Du Dich für Deine Mannschaft einsetzt.“ Der Nachsatz „…obwohl Du natürlich keine Ahnung hast“ sprach dann wiederum für den schnoddrigen Humor, mit dem er immer wieder für einen Lacher sorgen konnte und hitzige Situationen diplomatisch auflöste.

Janni hat für den Fußball und seine Mannschaft gelebt. Als wir uns in einer ruhigen Minute über Teamführung und den Umgang mit sozial hilfsbedürftigen Jugendlichen unterhielten, gestand mir Janni, dass er die Trainingsanzüge oder Aufwärmshirts teilweise aus eigener Tasche finanziere. „Warum machst Du das?“, wollte ich wissen. Seine Antwort steht stellvertretend für die ganz große Frage, warum sich immer wieder Ehrenamtliche mit ihrer ganzen Persönlichkeit für den Fußballsport engagieren und dabei bis an die Grenze der Belastbarkeit gehen. Janni sagte wortwörtlich: „Das ist doch ganz einfach. Weil es mein Hobby ist. Warum auch sonst?“

Ja, ganz einfach. Danke, dass Du den Begriff „Held“ mal ganz anders definiert hast.

Im Namen der Fußballabteilung des Bovender SV
Daniel Vollbrecht