Heldengeschichten werden oft in Filme oder Serien verpackt, aber manchmal reicht auch ein einminütiger Werbespot, um sie zu erzählen. Ich habe einen solchen Spot noch immer in meinen Youtube-Favoriten und ich hatte ihn lange im Hinterkopf, um ihn an dieser Stelle zu verarbeiten, denn am Ende steht eine Weisheit, die sich bei mir eingebrannt hat. Der Spot für den Sportartikelhersteller mit den drei Streifen beginnt mit melancholischer Musik, Superstar David Beckham steht in einem grauen Hoodie vor einer Glasscheibe und beginnt sich selbst zu zeichnen. "My name is David Beckham and this is my story...", beginnt der Engländer und spricht über die Erlebnisse nach seiner roten Karte im Achtelfinale der WM 98 gegen Argentinien. 

Spielbericht des SC HarzTor

Ein ganzes Land, Fans und Medien machten den damals 24-jährigen für das Ausscheiden verantwortlich. „It can knock a person down so much, that they just go under“, beschreibt er seine Gefühle in den Jahren nach der WM. Dass Beckham nicht unterging, sondern sich zum Helden aufschwang, hat er einem seiner herrlichen Freistöße zu verdanken. In der WM-Qualifikation brauchten die Three Lions dringend ein Tor, um sich in der Tabelle noch an der deutschen Elf vorbeizuschummeln. Beckham legte sich in der Nachspielzeit den Ball zurecht und zwirbelte den Ball in den Winkel – unglaublich. Nach diesem Tor änderte sich die Wahrnehmung von Fans und Medien, für Becks selbst „a huge thing“ und er schließt seine Ausführungen mit der oben beschriebenen Weisheit: „You will go through tough times, it’s about coming through that.“
Nicht ganz so dramatisch und bedeutend war die Lage bei unserem Stürmer Marvin Strauß. Oft bekam ich die Kritik der Zuschauer an Marvin mit und fand sie oft überzogen. Deswegen habe ich mich Freitag und Sonntag sehr gefreut, dass es ausgerechnet Marvin war, der uns mit drei Toren zum vorzeitigen Klassenerhalt geschossen und sich somit zu meinem persönlichen Helden aufgeschwungen hat.

Am Freitag schien unser Held eine tragische Rolle zu übernehmen. Die Gäste vom Nikolausberger SC führten nach einem Konter und einem schönen Aufsetzer von Tim-Lennart Strüber mit 1:0, als Stefan Gebauer vom rechten Flügel einen herrlichen Querpass spielte. Marvin lief perfekt ein und auch sein Schuss war klasse, aber Keeper Stefan Schwörer riss die Hände nach oben und parierte überragend. Dass auch der Nachschuss nicht im Netz landete, sondern von Marvin mit dem Knie über den Querbalken bugsiert wurde, ließ die Kritiker hinter mir wieder lauter werden. Der SCH lief dem Rückstand lange hinterher und musste viel Kraft und Einsatz investieren, belohnte sich aber mit dem Ausgleich. Der kurz zuvor eingewechselte Denis Kajevic eroberte nahe der Eckfahne stark nachsetzend den Ball, legte auf den bereits angeschlagenen Serhat Akdas ab und in der Mitte streichelte Marvin die butterweiche Flanke per Kopf zum umjubelten Ausgleich ins lange Eck. In der verbleibenden Spielzeit gelang kein weiterer Treffer, sodass wir mit unveränderten tabellarischen Vorzeichen zum Auswärtsspiel gegen Dostlukspor Osterode reisten.

Die Reise traten auch wieder viele SC-Anhänger an und trugen die Mannschaft zur wohl besten Saisonleistung und letztendlich zum Klassenerhalt. Von Beginn an spielte die Schuller-Elf konzentriert und war galliger als der Gastgeber – so muss das in der Crunchtime. SC-Keeper Florian Möller konnte erst mit einer klasse Parade den Rückstand verhindern, musste aber wenig später doch hinter sich greifen. Ein Freistoß wurde verlängert und landete beim völlig freien Jan Schunke, der aus Nahdistanz nur noch einnicken musste. Im direkten Gegenzug der Ausgleich. Stefan Gebauer machte einen Freistoß nochmal scharf und bediente am langen Pfosten Niclas Luthin, der ebenfalls per Kopf vollendete. Gerade groß genug, um über den Rasen zu gucken und macht ein Kopfballtor – unglaublich. Also alles auf Anfang.
Das insgesamt lauf- und kampfstarke SC-Mittelfeld trieb das Spiel immer wieder an und Kapitän Thomas Henkel war es vorbehalten die Führung zu erzielen. Thomas fand nach starkem Dribbling keine Anspielstation, also aufs Tor die Pille – mit der Pike. Der absolut missglückte Versuch wurde so unglücklich abgefälscht, dass er doch im Netz von Dominik Schönberger landete.

Mit der Führung im Rücken ging es in die zweite Hälfte. Dann schlug der Schreck des Hinspiels wieder zu. Der ansonsten vom vierer Abwehrverbund gut im Griff gehaltene Omar El Zein tauchte frei vor Florian auf und lupfte zum erneuten Ausgleich in die Maschen. Spätestens jetzt langen nicht nur meine Nerven blank und die Zeit begann zu schleichen.
Nach genau einer Stunde der Höhepunkt unserer Heldengeschichte. Thomas spielte einen überragenden Ball durch die Schnittstelle der Abwehr in den Fuß von Marvin, der mit viel Zug zum Tor zog, die Nerven behielt und zum 3:2 einschob. Die Zeit schlich nun nicht mehr, sie stand regelrecht. Die Jungs auf dem Feld machten ihre Sache weiter hervorragend und setzten nach vorne immer wieder Nadelstiche. Keinen Nadelstich, sondern den Todesstoß hatte Alex Heitmüller auf dem Fuß. Max Sommerfeld probierte es aus der Distanz, blieb aber an Alex hängen, der wiederum total blank vor dem Tor nur noch anschieben brauchte, aber an Schönberger scheiterte, der die richtige Ecke geahnt hatte. Am Ende war es egal, denn der Held des Tages schrieb das letzte Kapitel seiner Geschichte. Eine Ecke von Stefan versenkte Marvin zum entscheidenden 4:2. Nachdem dann endlich die letzten quälend langen Minuten vorbei waren und das Ergebnis aus Nikolausberg bestätigt wurde, brachen alle Dämme. Vor allem Erleichterung fiel von allen Beteiligten ab, wandelte sich aber schnell in echte Freude.

Nach einer launigen Rückfahrt ging es zum Feiern in die Stadt, wo das Back’s Mannschaft, Trainer, Betreuer und Unterstützer empfing und mit reichlich Kölsch versorgte. Ausgelassen und emotional wurde der Klassenerhalt bis in die Nacht gefeiert. Eine Entschuldigung an alle Anwohner, die unseren Gesang bis in die späten Abendstunden ertragen haben…es musste sein. Am Montag wurde die Rechnung beglichen: 500 EUR + offene Deckel. Habt ihr gut gemacht Jungs.

Noch ist zwar ein Spiel zu absolvieren und Mannschaft, Trainer und Betreuer möchten sich nochmal in aller Form bei den treuen Zuschauern bedanken. Wie oben geschrieben, habt Ihr die Mannschaft gerade in den schweren letzten Wochen immer wieder toll unterstützt. Vielen Dank dafür.

You will go through tough times, it’s about coming through that – am besten zusammen, als Mannschaft, als Verein.

Marcel Bernhardt

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