Wir haben für die Bundesliga-Saison 2018/19 einen ganz besonderen Leckerbissen für unsere Leser! Bruno Kassenbrock, profunder Kenner der regionalen, gesamtdeutschen und internationalen Fußballszene, wird uns zwischen den hoffentlich spannenden Spielen mit seinen Gedanken zur Bundesliga unterhalten. Freut euch auf seine unkonventionelle, tiefgründige und vor allem immer aufrichtige Sichtweise! Viel Vergnügen! Die Kolumne ermöglicht Dominik, der allseits bekannte Wirt des Stadions an der Speckstraße - Göttingens bester Fußballkneipe.

Nach so einer europäischen Fußballwoche eine Bundesligakolumne vorzubereiten, ist ein schweres Unterfangen. Ich habe mich einfach treiben lassen und es geht einfach nicht anders. Was waren das bitte für Spiele? Ob Liverpool, Tottenham oder das bittere Aus der Frankfurter. Alles waren wahnsinnige Spiele, die einem den typischen Satz entlocken: „Deswegen liebe ich dieses Sport!“ Aber Stück für Stück. Keiner, aber auch wirklich Keiner, hat auch nur im Geringsten daran geglaubt, dass Liverpool nach einer 0:3-Niederlage in Camp Nou nochmal zurück kommen könnte. Erst recht nicht ohne Firmino und Salah. Ich persönlich habe dem Sohn eines Kumpels, der am Mittwoch seine englische Abitur-Prüfung schrieb noch gesagt: „Sei froh, dass das Spiel durch ist, dann kannst du früh ins Bett und musst das Spiel nicht gucken!“ Soviel zum Thema „Experte“. Keine Ahnung dieser Bruno. Liverpool hat gezeigt, dass jede Floskel, die etwas mit Wille, Leidenschaft und an sich glauben zu tun hat, ihre Berechtigung hat. Gänsehaut an Anfield.
Am Mittwoch dann, kam es zum Spiel zwischen zwei Sympathieträgern. Ajax und Tottenham, beides Teams, die mit wenig Möglichkeiten, viel erreicht haben. Mir war es ein bisschen zu viel schwarz-weiß Gerede vor der Begegnung. Der Hype um Ajax hatte natürlich seine Berechtigung und auch ich finde den Fußball, den sie gezeigt haben wunderbar anzusehen, aber die Spurs kamen dadurch für mich irgendwie zu schlecht weg. Wer in der Gruppe mit Inter und Barca besteht, den BVB blamiert und dann noch ManCity ausschaltet, hat auch Großes geleistet. Daher schlug meine Herz, da bin ich ehrlich, am Mittwoch für die Engländer und Achtung Repeat: „Wille, Leidenschaft, immer an sich glauben…“, Tottenham schaffte Unglaubliches. Gänsehaut also auch hier. Was für zwei Tage. Und dann? Ja, dann kam der gestrige Abend in London.
Und vorweg, meine Kolumne, meine Meinung: Eintracht Frankfurt. Und damit meine ich die Mannschaft, die Trainer, die Offiziellen und natürlich auch die Fans haben den deutschen Fußball mit all seinen Facetten so in Europa präsentiert, wie ich es noch nie erlebt habe. Immer am Limit. Immer an der Grenze. Sie haben das Wort „Europapokal“ gelebt! Nicht nur als europäischen Wettbewerb gesehen, wie es 99% der Vereine (und auch Fans) tun. Das Ende des Abends war dann gestern mehr als tragisch und die vielen Bilder bleiben mir noch lange im Kopf, aber zwei Dinge möchte ich hier nochmal hervorheben.
Beim ersten geht es ausnahmsweise nicht um die SGE, bzw. nur sekundär. Als Eden Hazard den entscheidenden Elfmeter verwandelte dreht er nicht zur, eh nicht vorhandenen, Chelsea Kurve ab, sondern lief schnurstracks zu Kevin Trapp und nahm ihn in den Arm um seinen Respekt zu zollen. Für mich eine große Fair-Play Geste!
Das zweite Bild gehört der Fanszene von Eintracht Frankfurt und Martin Hinteregger. Über seine Leistung braucht man nicht zu sprechen, wenn man das Wort Weltklasse nicht kennt. Und als er seinen Elfmeter dann verschoss, Momente später, das Ausscheiden feststand, stand er mit seiner Mannschaft vor den mitgereisten Fans und schaute ins Nichts. Leblos. Traurig. Als wenn etwas viel Schlimmeres, als eine Niederlage eines Fußballspiels passiert wäre. Und dann zeigten sich im Gästeblock die härtesten Kanten. Volltätowiert, breite Schultern, Frankfurter Asi-Bräune und winkten ihn zu sich. „Komm her Alda, mach dir keinen Kopp!“ Bilder die mir alles zeigen. Liebe, Trauer, aber vor allem, dass alles nur ein Spiel ist und die Zuneigung der Fans nicht immer abhängig von Ergebnissen sein muss.
Wenn ich dann an den morgigen Samstag Nachmittag denke. Auf das Fünfminütige Warten auf den VAR und eine mit Mini-Kameras gefilmte Bierdusche von Alaba für Kovac dann schließe ich meine Augen, lege mein grün-weißes Herz ganz kurz zur Seite, nehme Martin Hinteregger in den Arm und Summe:
„…in dieser schönen Stadt am Main,
Eintracht aus Frankfurt, du schaffst es wieder, deutscher Meister zu sein…“


Foto: Eintracht Frankfurt