Die Rangfolge des südniedersächsichen Fußballs scheint vorerst geklärt. In einem fußballerisch eher bescheidenen Derby bei herrlichstem Spätsommer-Wetter vor offiziell 920 Zuschauern am Sonnabend im Northeimer Gustav-Wegner-Stadion gewann der gastgebende Aufsteiger FC Eintracht Northeim gegen das aktuelle Schlusslicht der Oberliga Niedersachsen, 1. SC Göttingen 05, aufgrund der besseren Chancenverwertung verdient mit 4:1 (2:1), doch zweifelsohne nicht mit Attraktivität und Spielwitz. Lange Zeit konnte der Gast aus Göttingen, angefeuert von den gewohnt lautstarken Fans, gut mithalten, stolperte aber auch diesmal an den eigenen Unzulänglichkeiten.

Die Werbetrommel im Vorfeld des Derbys wurde laut geschlagen. Die Erwartungen an die äußeren Bedingungen wurden weit übertroffen. 920 Zuschauer wollten das Südniedersachsen-Derby sehen. Die Favoritenrolle war klar verteilt. Aufsteiger FC Eintracht Northeim hatte sich nach dem souveränen Aufstieg nochmals verstärkt – vor allem mit den beiden besten Göttingern der vergangenen Saison, Christian Horst und Thorben Rudolph – und vor der Partie Platz drei inne. Der Gast aus Göttingen kämpft derzeit mit so fast allen Unwägbarkeiten, die es als Fußballverein nur geben kann – Verletzungen, vereinzelte Spielerflucht und Sperren. Das Resultat: Das Team von Trainer Najeh Braham trägt die Rote Laterne der Oberliga.

Die Außenseiterchance wollte das Göttinger Team, das in seinen roten Auswärts-Trikots mit „Einbecker“-Werbung auflief, nutzen. Doch Northeim begann druckvoll. Bereits in der zweiten Minute wurde Göttingens Innenverteidiger Lukas Pampe nach einem Foul mit der Gelben Karte verwarnt. Den Freistoß des Northeimer Strzalla konnte Göttingens Schlussmann Niklas Grujo abwehren. Beim ersten konstruktiv vorgetragenen Göttinger Angriff passte der durchgebrochene Alexander Burkhardt auf Youssef Souleiman, der den Ball von halbrechts in den linken Winkel schlenzte. 0:1 für den Gast – besser hätte die Partie für den 1. SC Göttingen 05 nicht beginnen können. Doch es dauerte nur vier Minuten, da schlug die Eintracht zurück. Der ehemalige Göttinger Mehdi Mohebieh wurde im Strafraum der Gäste freigespielt und schob ins kurze Eck zum 1:1 ein. Das ging zu einfach. Anschließend verlief das Spiel ausgeglichen. Die nächste Chance hatte 05. Jannis Hesse nahm Maß und zwang Northeims Schlussmann Thorben Reinhardt mit einem Hammer aus 20 Metern zu einer Glanzparade. Beim anschließenden Eckball hätte Lukas Pampe fünf Meter vor dem Northeimer Tor den Ball nur noch einzuschieben brauchen, doch er war offensichtlich zu überrascht. Praktisch im Gegenzug erzielte erneut Mehdi Mohebieh nach einer Ecke mit einem schönen, aber durchaus haltbaren Schlenzer das 2:1 für den Gastgeber. Erneut im Gegenzug hätte Daniel Washausen – einer der wenigen Göttinger Spieler, die dem Gegner auch in den Zweikämpfen Paroli boten – den Ausgleich erzielen können, doch sein Schuss aus 13 Metern wurde gerade noch abgeblockt. Anschließend war viel Kampf und wenig fußballerische Klasse zu sehen. Northeim war spielerisch erschreckend einfallslos, agierte vorwiegend mit langen Bällen. „Wir bolzen bloß!“, fuhr der Ex-05-Spieler Thorben Rudolph seine Northeimer Kameraden an. Lediglich der kleine Mohebieh bracht Kreativität in das Spiel des Favoriten. Dennoch sollte kurz vor der Pause noch das 3:1 für die vom ehemaligen 05-Trainer Wolfgang Schmidt betreuten Gastgeber gelingen. Marc-André Strzalla traf im Nachschuss, nachdem sein erster Versuch von Grujo mit dem Fuß abgewehrt wurde. Damit schien die Partie bereits zur Halbzeitpause entschieden.
In der zweiten Halbzeit kämpften beide Teams verbissen. Göttingen 05 wehrte sich nach Kräften, doch aktuell ist die Mannschaft gegen das Northeimer Team – trotz dessen schwacher Leistung – unterlegen. Drei Szenen sind noch erwähnenswert: In der 72. Minute spielt Lamine Diop den Ball am Northeimer Abwehrspieler Marx vorbei und hätte allein auf Torwart Reinhardt zulaufen können. Marx holt ihn jedoch, eine Verletzung in Kauf nehmend, von den Beinen. Schiedsrichter Stefan Brauer, der sich nicht als 05-Freund offenbarte, ließ weiterspielen – eine krasse Fehlentscheidung. Rot für Marx hätte 20 Minuten Überzahl für 05 bedeutet. Stattdessen kommt es zur zweiten erwähnenswerten Situation: Nach einem Eckball köpft der völlig frei stehende Melvin Zimmermann zur endgültigen Entscheidung zum 4:1 ein. Damit wäre auch schon die dritte Szene erreicht: Der Abpfiff des in seiner Leistung fragwürdigen Unparteiischen. Northeim gewinnt – wie von vielen Fußballexperten vermutet – deutlich gegen Göttingen 05. Selbst eine schwache Leistung der Eintracht reichte gegen biedere Göttinger aus. Die dennoch wacker kämpfenden Spieler des 05-Teams erhalten Lob auf Lob vom Gegner, leicht, wenn man die Punkte behält. Aber auch der Northeimer Coach Wolfgang Schmidt war mit der Leistung seines Teams nicht zufrieden. Er glaubt, dass auch seine Jungs verkrampft und mental belastet in die Partie gingen. „Das war unser schwächstes Spiel in dieser Saison. Ich bin erstaunt, dass es gegen diese Göttinger dennoch zu einem deutlichen Sieg reicht.“, tadelt der erfahrene Diplom-Sportlehrer damit nicht nur sein eigenes Team.

Northeim klettert mit dem Sieg auf Platz zwei der Oberliga, Göttingen hält weiterhin die Rote Laterne.