Als Bundesliga-Experte hat der in der Göttinger Fußballregion bekannte und geschätzte Bruno Kassenbrock in der Vergangenheit schon mehrfach seinen Sachverstand unter Beweis gestellt. In der Rückserie möchte der bekennende Werder-Bremen-Fan den Freunden der Bundesliga unter den Gökick-Lesern gelegentlich seine Gedanken zum Spitzenfußball in unserem Land, abseits von den ausgetretenen Mainstream-Kommentar-Pfaden, offerieren. Auch wenn er hier und da sicher anecken wird, steht fest: Er spricht vielen Anhängern aus der Seele, die nicht an allem, was der Bundesliga-Zirkus hervorbringt, Gefallen finden!

Wenn man diese Woche die Zeitung las, ging es, vornehmlich in den Sportteilen, nur um eines: den Bundesliga-Start.
Das letzte Spiel der Hinrunde steht gleichermaßen für den Beginn der Rückrunde, alle freuen sich, alle sind heiß.
Keine Zeichen von Angst vorm Versagen. Abstiegskampf für mindestens ein Drittel der Liga. Schalke weit, Gladbach und Wolfsburg sogar sehr weit von den eigenen Ansprüchen entfernt. Man könnte denken, dass hier das absolute Chaos herrscht, aber so ist es nicht. Nach außen zeigen Eberl und Co kaum negative Reaktionen. Sie sprechen von guten Trainingsleistungen, „dass man es jetzt nur noch auf den Platz bekommen muss“, alles Floskeln, die man auch in der Bezirksliga Braunschweig Süd lesen kann, wenn es mal nicht so läuft.
Christian Heidel, der neue Manager auf Schalke, schafft es, seine eigenen Probleme unter den Teppich zu kehren und äußert sich, seit er nicht mehr im kleinen Mainz ist, auch gerne zu größeren und politischen Dingen, wie dem TV-Verteilerschlüssel oder den EM- oder WM-Vergaben. So geht jeder auf seiner Art und Weise mit Problemen um.
Lustig, oder eher gesagt, traurig, wird es dann, wenn man heute die WELT lesen musste.

Hier tippten Experten auf die Abschlusstabelle dieser Saison, den Torschützenkönig, wen Löw als nächstes debütieren lässt und sie legen sich auf ein Top-Spiel der Rückrunde fest.
Erstmal nichts besonders, hätte die WELT nicht auch Peter Neururer gefragt.
Auf den ersten Blick, denke ich, dass mich jemand verarschen will. Ich gucke nochmal richtig hin, aber da steht bei Platz 11 bis18 tatsächlich:
„DEN ABSTIEGSKAMPF TIPPE ICH NICHT, DA ICH MÖGLICHERWEISE SELBST NOCH ALS TRAINER EINGREIFEN WERDE.“
Ist das sein Ernst? Kann man so wenig Respekt haben? Ich kann nicht fassen, dass ein verdienter und erfahrener deutscher Bundesligatrainer so etwas äußern darf.
Ich hoffe nur, dass betroffene Vereine es genauso sehen wie ich, dass Mr. Oberlippenbart keinen Job mehr bekommt und weiterhin auf dem Sofa Paderborner Pils trinkt.
Vielleicht gibt es hier nun auch ein paar modernisierte Menschen, die mir entgegnen würde, dass dies doch in der heutigen Zeit normal wäre.
Denen kann ich, als alter Traditionalist, eine kurze Geschichte erzählen.
Abelardo Fernandez war ein spanischer Nationalspieler. Von 1991-2001 streifte er das rote Trikot für sein Heimatland über.
Er spielte in der Jugend für Sporting Gijon und debütierte auch in der Primera Division für diesen Verein.
Als er dann Nationalspieler wurde wechselte er zum großen FC Barcelona. Nach mehreren Verletzungen musste er 2003 seine Karriere beenden.
Er konnte aber nicht ohne seine geliebten Fußball, wollte sich fortbilden und Trainer werden.
Wo konnte er dies besser, als in seiner Heimat Gijon.
Hier wurde er Jugend Trainer und übernahm nach kurzer Zeit die Amateure. 2013 wurde er dann zum Chefcoach der ersten Mannschaft seines Heimatclubs befördert und schaffte mit dieser sogar den Aufstieg von der Segunda in die Primera Division.
Aber dem nicht genug. Als Abstiegskandidat Nummer eins startete er in die letzte Saison und schaffte doch den vielumjubelten Klassenerhalt.
Aber auch Abelardo blieb nicht von Negativ-Erlebnissen verschont und so wurde er nach dem 2:3 gegen Eibar am letzten Sonntag entlassen.
Warum ich diese Geschichte erzähle?
Passt auf:
Abelardo hatte noch einen langen Vertrag. Dieser hätte ihm laut Medienberichten um die vier Millionen Euro eingebracht. Eine Abfindung die dem verschuldeten Verein Sporting Gijon sicher nicht gut getan hätte. Genau: HÄTTE!!!
Abelardo Fernandez hat nämlich einfach darauf verzichtet. Unter Tränen hat er bei der Abschiedspressekonferenz zugegeben, dass er seinem Heimatverein, dem er alles zu verdanken hat, keine weiteren Probleme bereiten möchte.
Er hat etwas getan, was selbst in den untersten Ligen kaum noch vorstellbar ist.
Und dafür hat er zumindest meinen Respekt.
Ich wünsche mir mehr Abelardos und weniger Neururer UND ich wünsche mir ein 3:1 des ruhmreichen SV Werder gegen den BVB morgen, bei dem ich nach langer Zeit mal wieder live dabei sein werde…


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