Beim ersten Training der Saison am 2. Juli 2022 hatte Kapitän Janis Bach das große Bedürfnis, ein paar Worte an die Mannschaft zu richten. Unser Abwehrchef, der nach einem Kreuzbandriss zunächst sein Karriereende verkündete, überbrachte seinen Teamkollegen die überraschende Nachricht persönlich: „Ich wollte aufhören. Aber ihr und der BSV bedeutet mir einfach zu viel. Mein Ziel ist, zu meinem 30. Geburtstag wieder auf dem Feld zu stehen.“

Autor: Daniel Vollbrecht – Abteilungsleiter Fußball Bovender SV

Janis feiert am 23.05.2023 seinen 30. – und stand Anfang Mai erstmalig wieder in der Startelf, ebenfalls am 17.05. beim entscheidenden 2:1-Auswärtssieg in Fuhrbach. Damit steht unser vorbildlicher Kapitän sinnbildlich für das Resümee der Saison: Wir waren meistens nicht nur unseren Konkurrenten in der Bezirksliga einen Schritt voraus, sondern auch uns und den eigenen Zielen.

Nach Abpfiff sackte nicht nur Janis zusammen und jubelte überschwänglich, sondern der komplette Kader, der ohne Ausnahme die Fahrt ins Eichsfeld angetreten hatte. Neben den 2 9-Sitzern, die der BSV dank großzügiger Spende Rudi Pigullas sein Eigen nennen darf, wurden kurzerhand weitere Busse bei TeleTrans gechartert, die zwar erst auf dem weiträumigen Parkplatz gesucht werden mussten, uns aber trotz einiger Bedenken („Hier ist ja ein Loch im Dach.“) sicher zur Destination Aufstieg brachten.

Die Bedenken hinsichtlich der sportlichen Leistungsfähigkeit des BSV wurden in den ersten Spielen der Saison schnell und wirkungsvoll minimiert. 8 Punktspiele – 8 Siege, so die makellose Startbilanz, die uns schließlich durch 34 harte Spieltage trug. Dabei hätte es kaum schlimmer beginnen können: Im ersten Testspiel brach sich Freddy Goddon den Unterarm und Jan Hooge trug einen Bänderriss davon. Nachrückende Jugendspieler, teilweise noch für die A-Jugend spielberechtigt, sprangen in die Bresche und waren voll da, als wir sie brauchten. Hannes Aßmann traf zum 1:0-Derbysieg in Lenglern, erzielte die Führung beim Auswärtssieg in Rhüden (mit der legendären DV-Pöbelattacke nach Spielende). Unsere Stärke: Die Breite des Kaders ermöglichte konstante Leistungen, jeder Spieler wurde gebraucht und spielte stets befreit ohne Angst Fehler zu machen auf. Ob Youngster Dome, Teo, Hannes, ob Oldies – Verzeihung – „Routiniers“ wie „Papa“ Tobi Jung, sie alle unterstützten sich gegenseitig und schufen eine Atmosphäre, in der jeder seine bestmöglichen Fähigkeiten einbrachte.

Rückschläge gab es nur wenige. Die erste Niederlage beim RSV Geismar-Göttingen 05 an einem kalten Herbstabend war ein solcher. Freddy verletzte sich beim Aufwärmen, Chris Claßen beendete erst kurz vor Spielbeginn eine berufliche Videokonferenz, Hannes musste mit schwerer Verletzung ins Krankenhaus. Doch die Tristesse währte nur wenige Tage. Am Sonntag wurde der FC Gleichen mit 1:0 bezwungen. Krankheitsbedingt fieberte Coach Nils Reutter am Liveticker mit und als Dennis Falinski in der 90. Minute zum erlösenden Siegtreffer einnetzte, kommentierte Nils: „JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!“ Inhaltlich reduziert, aber emotional, ehrlich, auf den Punkt. Solche Spiele musste man gewinnen, um am Ende verdient aufzusteigen.

Im Winter wurden wir nochmal auf dem Transfermarkt aktiv und begrüßten Sven Iloge und Tobi Bredow neu in schwarz-gelben Farben. Beide fügten sich nahtlos ins funktionierende Konstrukt ein und gaben Nils weitere taktische Optionen. Die im Vergleich zur Hinrunde letztlich sogar noch souveränere Rückrunde fußte jedoch auch auf individuellen Leistungssteigerungen der Spieler, die dank des hohen Trainingsniveaus, intensiven Einheiten mit Spielbezug und viel „Ball am Fuß“ immer besser wurden. Beispiel Jan Hooge: zwei Jahre bei der SVG Göttingen kaum zum Einsatz gekommen, nahm er die „Herausforderung BSV“ an, kniete sich in jeder Einheit bis zur Schmerzgrenze rein und zeigte ausgerechnet im Aufstiegskrimi gegen die SG Bergdörfer seine beste Leistung. Beispiel Niklas Neumann: bei Göttingen 05 II nur noch teilweise in der 1. Kreisklasse aktiv, wollte er es nochmal wissen, akklimatisiere sich binnen weniger Wochen als zuverlässiger Linksverteidiger und dürfte – Zitat Freddy Goddon – „auch in der Landesliga zu den besten Außenverteidigern gehören“. Man könnte noch 25 weitere Beispiele nennen. Jeder Spieler machte eine positive Entwicklung durch und ist zum Ende der Saison ein besserer Spieler, als er es vorher war. Und wer vorher schon alles konnte, wie z.B. Paul Mähner, reifte in anderen Bereichen, entwickelte sich zur Führungsfigur, die trotz unermesslichem Ehrgeiz das richtige Maß zwischen Kritik und Enthusiasmus fand, den BSV mittlerweile komplett „lebt“ und für alle Jugendspieler zum echten Vorbild avancierte.

Zu sogenannten Schlüsselmomenten kam es immer, als es ergebnistechnisch kritisch wurde. Bei der SG Denkershausen zeigten wir unsere schwächste Saisonleistung, retteten uns aber durch ein Jokertor Hindolo Contehs zum Remis. Bei der 1:3 Pleite auf dem Filzteppich in Osterode regnete nicht nur Wasser sondern auch jede Menge Häme auf uns nieder. Aber eine Woche später waren wir wieder zur Stelle und kämpften den SCW Göttingen nieder. Nicht schön, aber effektiv. Und dies eine weitere Erkenntnis der Aufstiegssaison: Wir hatten einen Plan B, einen Plan C und wenn selbst der nicht aufging, oft individuelle Klasse als finalen Joker in der Hinterhand. Ausspielen mussten wir jenen allerdings nur selten. In fast allen Spielen traf Nils Reutter gemeinsam mit unserem neuen Torwart-Trainer Tobi Vogel die richtigen Entscheidungen. Tobi hatte sein linkes Bein schon nach wenigen Wochen BSV für ein Vereinstattoo freigeräumt und sagt nun, es habe ihm „schon lange nicht mehr so viel Spaß gemacht“ wie derzeit bei seinem neuen Lieblingsclub. Dazu trug auch der nahezu tägliche Austausch mit Nils und Daniel bei. Die Telefondrähte glühten über die gesamte Saison hinweg, jedes sportliche Detail wurde diskutiert, kritisch abgewogen und oft im Konsens entschieden. Teamarbeit war nicht nur eine Floskel, sondern real gelebter Erfolgsfaktor. Sogar die Gestaltung der Meistershirts wurde im Kollektiv entschieden.

Schöne Momente im erfolgreichsten BSV-Jahr aller Zeiten? Das Trainingslager in Röblingen mit der unglaublichen Familie Raase und deren Überraschungsbesuch beim Pokalspiel gegen Einbeck! Das Comeback im Pokal gegen 05 mit Monstersolo von Clovis und Last-Minute Ausgleich durch Benni Greib! Das „fast“ perfekte Spiel in Sülbeck mit dem 5:2-Auswärtssieg – im Anschluss daran glaubte auch so mancher Skeptiker erstmals an den Aufstieg. Die Weihnachtsfeier, Titelverteidigung des Bergbräu-Cups, leckere Gewürzgurken auf der Jahreshauptversammlung, stets neue motivierende Ansprachen des Trainers („Mit dem Feuer könnte man zwanzig Adventskränze entflammen“) und das Teamevent beim Basketball mit Grußwort des Stadionsprechers („Hat das jemand verstanden?“). Das überzeugende 2:2 im Testspiel bei der SVG Göttingen und damit der Beweis auch gegen Topteams der Stadt konkurrenzfähig zu sein. Der emotionale Abschied von USA-Abkömmling Daniel „DK1“ Klinge. Und der finale Sieg in Fuhrbach – der ganze Tag ein einziges Ereignis.

Schöne Tore gab es auch. Toptorjäger Dennis „Falle“ Falinski traf gegen Bergdörfer ansatzlos in den Winkel, Mladen per Freistoß gegen Weende, Paul überrannte gegen Gleichen und RSV gleich zweimal die gegnerische Abwehrkette und Synne Synofzik rutschte eine Flanke über den Schlappen – Goal! Jeder so, wie er kann 😉

Weitere memorierenswerte Ereignisse würden den Rahmen eines Textes sprengen, dessen Lektüre mutmaßlich nur wenige Leser bis zu diesem Absatz durchgehalten haben. All jene möchte Daniel, der Autor dieser Zeilen, noch mit einer persönlichen Anekdote erreichen.

„Im Sommer 2021 besuchte ich den Vater von BSV-Legende und Aufstiegsheld Alex Probst im Hospiz. Es ging ihm nicht gut. Hansi, mit dem ich mehrere Jahre als Trainer zusammengearbeitet hatte, engagierte sich im Umfeld der Mannschaft, fieberte bei jedem Spiel mit und büßte bis zum Schluss nichts von seiner Lebensfreude ein. Seine empathische Neugierde, mit der er seine Mitmenschen erreichte, konnte Euphorie entfachen, Berge versetzen und Mut verleihen. Landesliga-Aufstieg? Geht nicht, oder? Bei meinem Besuch erkundigte sich Hansi über die Kader- und Zukunftspläne des BSV. „Daniel, wir haben eine tolle Mannschaft zusammen. Versprich mir, in den nächsten zwei Jahren in die Landesliga aufzusteigen!“ – „Hansi, versprechen kann ich nichts, aber wir werden uns sehr, sehr viel Mühe geben.“ Jetzt sind genau zwei Jahre vergangen. Der BSV ist zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte in die Landesliga aufgestiegen. Den Aufstieg widme ich Hansi, er wäre sehr stolz auf uns.“

Es hat dieses Jahr einfach alles gepasst. Wir haben den Löwen nicht nur auf der Brust, sondern auch in unseren Herzen. Und das sind beste Voraussetzungen, um optimistisch in die nächste Saison zu gehen.

Vielen Dank an alle. Wir sind unendlich glücklich.