Geradezu wie gemalt waren die Voraussetzungen am vergangenen Sonntag beim Spiel des TSC Dorste gegen den SV Förste: Bestes Sommerwetter, 450 Zuschauer und ein Derby, bei dem es um die Meisterschaft geht. Fußballherz, was willst du mehr?

Der Beitrag aus der 1. Kreisklasse Nord wird präsentiert von:

Hätte man die Geschehnisse vom letzten Sonntag unter dem sehr einfallsreichen Arbeitstitel „Meine Freunde, ihr Fußballspiel und ich“ als Drehbuchvorschlag an Sat.1 gesendet, mir persönlich wäre als Intendant des Senders angesichts einer vor Schmalz und Kitsch nur so triefenden Storyline das Kotzen gekommen. Perfekt also für Liebhaber seichter TV-Kost.

Der Drehbuchinhalt der 1. Halbzeit prägnant zusammengefasst:

Eine Fußballmannschaft aus der beschaulichen Ortschaft Dorste bestreitet ihr allerletztes Saisonspiel gegen den großen Rivalen aus dem Nachbarort Förste. Wie es der Zufall so will, geht es an diesem letzten Spieltag zwischen den beiden Kontrahenten um nicht mehr als die Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg in die Kreisliga, denn beide Mannschaften trennen in der Tabelle nur drei Punkte und fünf Tore. In ihrem allerletzten Spiel für den TSC Dorste stehen Vereinsikone Tim Launhardt, Sturmlegende Michael Ludwig und Abwehrchef Dennis Meister allesamt in der Startelf und möchten sich mit einem tollen Erfolgserlebnis in die Fußballrente verabschieden. Außerdem ist es das letzte Spiel von Trainer Christopher Exner und Betreuer Christopher Stramer in Diensten des TSC.
Als sei diese Konstellation noch nicht irreal genug, verläuft die 1. Halbzeit geradezu übertrieben nach Plan für den TSC Dorste und alle Fußballromantiker: Erst gelingt AUSGERECHNET Tim Launhardt aus dem Gewühl heraus die 1:0 Führung (15.), dann verhindert SELBSTVERSTÄNDLICH Dennis Meister mit einer Rettungsaktion auf der Linie den Ausgleich. Das große Finale der 1. Halbzeit ist dann NATÜRLICH Michael Ludwig vorbehalten, der den Ball nach Launhardt-Vorlage (WER SONST?) mit seinen Haarspitzen erst zum 2:0 in die Maschen streichelt (39.), nur um dann unter minutenlangen Standing Ovations in der 44. Minute verletzt ausgewechselt zu werden und dabei eine kleine Träne der Rührung zu verdrücken.

Ja, na klar. Wie realistisch ist das denn bitte?
Genau DIE DREI Typen, die ihr allerletztes Fußballspiel bestreiten, prägen NATÜRLICH die Partie.
Würg. Eine typische, glattgebügelte Sat.1-TV-Schmonzette allererster Güte.
Keine Action. Keine Spannung. Wir brauchen mehr Dampf. Mehr Würze.
Sonst knacken die Zuschauer womöglich vor der ersten Werbung schon ein oder verfolgen fortan werdende Teenie-Mütter auf RTL2.
Also gut, dehnen wir den Spannungsbogen etwas und strapazieren die Nerven der Zuschauer wieder etwas mehr.

Also Sprung in das Drehbuch der 2. Halbzeit:

Die Rivalen vom SV Förste brauchen nun fünf Tore und setzen alles auf eine Karte. Die gefürchteten 18-jährigen Albrecht-Twins Jan und Tim machen nun Dampf über die Flügel und bringen die sonst so sattelfeste TSC-Abwehr mit vielen Hereingaben in Bredouille. Und so kommt es, wie es kommen musste: Dem SVF gelingt innerhalb von vier Minuten der 2:2 Ausgleich durch Tore von Jan-Lenard Rother und Christian Ehrhardt (63., 66.). Und es kommt noch dicker für den TSC: In der 70. Minute wird den Gästen ein Foulelfmeter zugesprochen, das 2:3 liegt in der Luft. Die Spannung auf den Rängen ist kaum auszuhalten, das Kauen von Fingernägeln ist bis in die umliegenden Ortschaften zu hören. Die Partie droht zu kippen. Doch Christian Ehrhardt versagen vom Punkt die Nerven und er trifft nur den rechten Pfosten!
Beide Mannschaften werfen im Schlussakt alles rein, der SVF greift wütend an, der TSC verteidigt verbissen. In der Viererkette des TSC können sich neben dem bereits erwähnten Dennis Meister die beiden 20-jährigen Jungspunde Florian Lampenscherf und Patrick Glatzer und der in der Winterpause (NATÜRLICH vom SVF) zum TSC gewechselte Ralf Dörge auszeichnen. Im Tor liefert der 19-jährige Pascal Kleindienst in seinem (NATÜRLICH) erst zweiten Spiel in der 1.Herren eine sackstarke Leistung ab. Doch auch das Dorster Mittelfeld und die Stürmer arbeiten wie Wahnsinnige und werfen sich in jeden Zweikampf.
Schließlich ist es Dorstes bestem Torschützen Hewas Osmani vorbehalten, mit seinem 22. Saisontor den Deckel drauf zu machen und das 3:2 zu erzielen. Die letzten Minuten der Partie werden vom TSC runterverteidigt. Abpfiff. Meisterschaft. Freibier.

Der Film endet mit dem Abspann: „Elf Freunde müsst ihr sein!“ Kitsch-Level 100.
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Etwas zu dick aufgetragen?? Vielleicht. Doch genau so hat es sich am Sonntag zugetragen. Das Leben schreibt die verrücktesten Geschichten. Der Fußball manchmal auch.

Nach Spielschluss gab es bei den Akteuren des TSC Dorste natürlich kein Halten mehr.
Es wurde sich innig umarmt, gejubelt, gesungen und Meister-Shirts wurden übergeworfen.
Nachdem Staffelleiter Ralf Bertram einige Glückwünsche ausgesprochen und die Meistertrophäe übergeben hatte, war der Startschuss für eine tolle Feier gefallen. Der Feuerwehrmusikzug Dorste marschierte auf und heizte der Stimmung ordentlich ein. Vielen Dank dafür!!
Doch es fehlte etwas, um die Feierlichkeiten so richtig in Schwung zu bringen: Bier.
Niemand hatte sich nach Abpfiff um etwas zu trinken gekümmert, da natürlich niemand die Meisterehrung verpassen wollte.

Und so waren es schließlich die Gäste vom SV Förste, die dem TSC noch auf dem Platz ein Präsent in flüssiger Form überreichten: Mehrere große Krüge eiskalter Hopfensaft sorgten zumindest kurzfristig für Linderung der trockenen Kehlen. Vielen Dank nochmal für das sehr faire Spiel und die netten Worte nach Spielschluss. Auch verlieren muss gelernt sein. Respekt!

Im weiteren Verlauf kam nun auch die Flüssigkeitsversorgung ins Rollen und die im Vorfeld von Kapitän Erik Wedemeyer ausgesprochene, jedoch nicht ganz ernst gemeinte Drohung, jeden, der das flüssige Gold für Bierduschen missbraucht, aus der Mannschaft zu schmeißen, in den Wind geschlagen. Der Spieltrieb der gerade flügge gewordenen jungen Wilden hatte sich letztlich durchgesetzt…:-)

Viele Dorster Zuschauer harrten noch Stunden (05:30 Uhr) auf dem Sportplatz aus und feierten gemeinsam mit der Mannschaft die erste Meisterschaft seit 1987. Viele ließen es sich zudem nicht nehmen, mit sehr großzügigen Spenden dafür zu sorgen, dass im Vereinsheim in der Folge Freibier ausgeschenkt wurde. Insgesamt 750 Liter Bier wurden vom eifrigen Theken-Team in Akkordarbeit ausgeschenkt. Ihr habt einen super Job gemacht!!

Vielen Dank auch nochmal an die Spieler des TSV Nesselröden, die es sich nicht nehmen ließen nach ihrem Auswärtsspiel in Bad Grund nochmal in Dorste Halt zu machen und dem TSC zur Meisterschaft zu gratulieren und ein gemeinsames „Derbysieger“-Lied zu schmettern. Viel Glück in der neuen Spielzeit!

Zu guter Letzt möchte sich die Mannschaft nochmal ausdrücklich bei allen Zuschauern beider Lager für die tolle Stimmung während des Spiels und natürlich bei den Dorster Fans für die großartige Unterstützung während der gesamten Saison bedanken. Ganz großes Kino! Vielen Dank!!
Weiterhin gilt ein riesengroßer Dank all den großzügigen Spendern, die sich nach Spielschluss finanziell oder flüssig erkenntlich zeigten und so zu einer unvergesslichen Party beitrugen. Vielen, vielen Dank!!

Zum Abschluss leider auch noch eine traurige Nachricht: Patric Bode teilte der Mannschaft nach Spielende mit, in der kommenden Saison leider nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Vielen, vielen Dank für deinen jahrelangen Einsatz und alles Gute für die Zukunft!!

Eine (private) Saisonabschlussfeier, eine Stippvisite einiger Spieler in Russland und eine 18-köpfige Abschlussfahrt nach Mallorca stehen noch an. Und dann bittet unser neuer Trainer Michael Ludwig auch schon wieder zur Saisonvorbereitung. Muss ja weitergehen…

Bis nächstes Saison!!

Bericht: E. Wedemeyer