Was feierten die Spieler, Funktionäre und Fans des Hrvatski nogometni klub (HNK) Göttingen am 16. Juni des gerade zu Ende gegangenen Jahres: Soeben hatten sie auf dem Giebolderhäuser Sportplatz nach dem 3:1-Sieg über die U23 des TuSpo Weser Gimte den Krombacher Kreispokal für Teams der 2. und 3. Kreisklasse gewonnen. Damit gelang dem erst 2015 gegründeten Verein nach der Meisterschaft in der 2. Kreisklasse Mitte das seltene Kunststück des Double-Gewinns. Als Aufsteiger meldete der Verein zu Beginn der laufenden Spielzeit sogar drei Mannschaften. Doch heute, nach knapp dreieinhalb Jahren Existenz, ist der Verein schon fast Geschichte. Nachdem die zweite Mannschaft in einer SG mit GW Hagenberg den Spielbetrieb gar nicht erst aufnahm, wird die erste Mannschaft in dieser Saison nicht mehr auflaufen.

Wie konnte es so weit kommen? Gökick sprach mit dem 1. Vorsitzenden und Mäzen des Vereins, Ivo Vujevic, einem Göttinger Bauunternehmer, über die Gründe. Eigentlich, so berichtet er, hätten in der Winterpause vier höherklassige Spieler ihre Bereitschaft erklärt, in der Rückserie die angespannte Personalsituation des HNK zu beenden. Doch dann kam alles anders. Die Misere, so führte er aus, hätte schon mit der Demission von Double-Trainer Kenan Masic begonnen. Vujevic wollte, um die Trainingsbeteiligung und Trainermotivation zu erhöhen, das überdurchschnittliche Trainergehalt an Masic nur noch in monatlichen Beträgen auszahlen. In den ersten zwei Jahren seiner Tätigkeit war dem Coach die Gesamtsumme immer einmalig zu Saisonbeginn ausgezahlt worden. Trotz Zusage war Masic dann zur ersten Trainingseinheit nicht erschienen und hätte somit sein Engagement unkonventionell beendet. So musste der Verein improvisieren. Sören Karkossa, Torjäger und Führungsspieler des Teams, sollte das Training leiten und den neuen Trainer Drago Vukovic bei der Teameinstellung in den Punktspielen unterstützen. Doch Sören Karkossa teilte dem 1. Vorsitzenden wenig später mit, dass er nicht mehr für HNK spielen werde. „Das war für mich menschlich die größte Enttäuschung und der Hauptgrund, warum ich jetzt hinschmeiße!“, blickt Vujevic zurück. Karkossa hätte ihm zugesagt, weitere drei Jahre bei HNK bleiben zu wollen, wenn ihm Vujevic einen Sonderpreis für seine Dienstleistungen einräumen werde. Doch kaum sei die Arbeit, die Ivo Vujevic nach seinen Aussagen für einen Bruchteil seines Wertes erledigt hätte, beendet gewesen, hätte sich Karkossa abgemeldet und den Verein im Stich gelassen. Und das, obwohl der Verein dem Spieler sogar die Kosten für die Anreise von einem Lehrgang anteilig bezahlt hätte. Der Abschied Karkossas hätte eine Sog-Wirkung ausgelöst. Spieler, die ihr Bleiben zugesagt hätten, hätten sich plötzlich abgemeldet – als Beispiel nennt er Sörens Bruder Niklas. So hätten auch die potenziellen Neuzugänge ihre Zusagen zurückgezogen. Andere hätten versucht, den Mäzen Vujevic nach dessen Aussagen gegenüber Gökick, zu erpressen. Hier nennt er vor allem Matthias Papierok, den einzigen Torwart des Teams. Dieser hätte vom Mäzen einen Privatkredit von 820 Euro erhalten und wolle heute nichts mehr davon wissen. Dann, zum Ende der Hinrunde, hätte Papierok erklärt, er würde nur noch weiterspielen, wenn er 2000 Euro erhielte. Er hätte also die Notlage des Vereins ausgenutzt. All das führte gegen Ende der Hinrunde dazu, dass das Team in zwei Spielen nicht antreten konnte. „Wäre die Mannschaft zusammen geblieben, hätten wir sogar um die Meisterschaft spielen können.“, ist sich Vujevic sicher. Doch nun sei er platt, enttäuscht und desillusioniert. Er hätte in den letzten drei Jahren in den Verein und den Ausbau des neuen Vereinshauses 70.000 Euro aus eigener Tasche investiert. Sogar seine Ehe hätte im Zuge der Entwicklung auf der Kippe gestanden, verrät er. In Zukunft werde er sein Geld sinnvoller anlegen. Auf die Frage, warum er Spieler für deren Hobby in der 2. Kreisklasse bezahlt hätte, antwortet der Mäzen, dass das in der Spielklasse so üblich sei und er ansonsten keine neuen Spieler hätte verpflichten können. Auf den in einem Gökick-Beitrag aus dem Oktober geäußerten Vorwurf von Sören Karkossa, Versprechungen des Vereins seien nicht eingehalten worden, meinte der 1. Vorsitzende, dass lediglich die zugesagten Trainingsanzüge, die eine Leiharbeitsfirma sponsern wollte, nicht angeschafft worden seien. Da hätte er sich auf das Wort des vermeintlichen Sponsors verlassen, was sich als Fehler herausgestellt hätte.
Bis zum Ende der Saison solle die dritte Mannschaft als Spielgemeinschaft mit Hagenberg in der 4. Kreisklasse weiter kicken. Doch er glaube nicht, dass HNK über den Sommer 2019 hinaus noch Sport anböte. Alle Spieler außer Matthias Papierok hätten die Freigabe erhalten.

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„Ich muss das alles mal richtig stellen!“, meint Matthias Papierok, von Gökick mit den Vorwürfen seines ehemaligen 1. Vorsitzenden konfrontiert. „Ich habe seit zweieinhalb Jahren für den Verein gespielt, ohne jemals auch nur einen Cent gefordert zu haben.“, so der Torwart. Vielmehr hätte er immer versucht, sich zu den Spielen – trotz seiner Schichtarbeit bei Conti – frei zu nehmen. Damit hätte er mehrfach – allein sechsmal in der laufenden Spielzeit – auf etwa 100 Euro netto an Sonntags-Zuschlägen verzichtet. Doch dann hätte er erfahren, dass der Verein einige Spieler bezahlen würde – wohlgemerkt in der 2. Kreisklasse. Er verstand die Welt nicht mehr: Er verzichte für den Verein auf Geld, andere sackten es ein. Deshalb habe er schon damals angekündigt, den Verein verlassen zu wollen.
Was den angeblichen Kredit übe 820 Euro betrifft, klärt Matthias auf: „Ich musste meine Freundin nach der Trennung auszahlen und bat um genau diesen Betrag. Allerdings habe ich ihn nie erhalten. Trotz Hilfszusage wurde ich immer wieder vertröstet.“, so Papierok weiter. Irgendwann hätte er sich gesagt, er könne dann nicht mehr auf die Zuschläge bei seiner Arbeit verzichten. Das teilte er dem 1. Vorsitzenden mit. Dieser hätte daraufhin selbst angeboten, ihm quasi diese Zuschläge aus eigener Tasche zu zahlen, wenn Matthias stattdessen zum Spiel kommen würde. Mehr als 50 Euro vor dem Niedernjesa-Spiel und 100 Euro vor dem Spiel auf dem Nikolausberg seien aber nie geflossen. Ebenso warte der Torwart bis heute auf die von ihm erbetene Niederschrift der Vereinbarung. „Von Erpressung kann also überhaupt keine Rede sein!“, setzt sich Papierok zur Wehr. Auch zu den von Vujevic genannten 2000 Euro äußert sich Mattias Papierok: „In einem Gespräch im Oktober über die Zukunft des Vereins hatte mir Ivo angeboten, mir für die laufenden Saison 1000 Euro und für die kommende Saison nochmals 1000 Euro zu zahlen, wenn ich bleiben würde.“. Obwohl er bisher nicht für Geld gespielt hätte, war er über dieses unerwartete Angebot erfreut. Er bat aber erneut um die schriftliche Fixierung dieser Vereinbarung. Dieser Vertrag ist bis heute nicht aufgesetzt. „Ich habe also nie jemanden erpresst, war immer fair und habe auf weit mehr verzichtet, als der Verein mir jemals gezahlt hat!“, rechnet er vor. Mehrere Chat-Verläufe führt Matze als Beweise für seine Aussagen an.


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Ähnlich konträr zu den Äußerungen von Ivo Vujovic sieht auch Sören Karkossa die Entwicklungen im Verein. Vor dem Wechsel von der SVG-Reserve zu HNK gab es ein Treffen zwischen den HNK-Verantwortlichen, dem neuen Trainer Masic und einigen Führungsspielern. Dort ging es vor allem um Geld. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich kein Geld in der 2. Kreisklasse möchte.“, erzählt der Stürmer. Er gehörte nach eigenen Angaben damit allerdings nicht zur Mehrheit im Verein. Schon nach dem Double-Sieg im vergangenen Sommer und den anschließenden Feiern stand der Abschied des Erfolgstrainers Masic im Raum.
Für Sören stand fest: In der 1. Kreisklasse herrscht ein anderes Niveau, mit der bisherigen Einstellung würde das Team dort nicht mehr von Erfolg zu Erfolg eilen. Außerdem müsse es Neuzugänge geben, denn mit dem dünnen Kader würde die Mannschaft schnell an ihre Grenzen stoßen. Ivo Vujevic versicherte, sich darum zu kümmern. Das erste Training der neuen Spielzeit habe Sören geplant und auch geleitet. Zuerst sei Michael Markov als Trainer im Gespräch gewesen, dieser habe aber abgelehnt. Somit wurde schließlich Drago Vukovic als Coach verpflichtet. Die ersten Einheiten stimmten Sören optimistisch, zwischen 15 bis 20 Spieler waren anwesend. „Ja, das könnte etwas werden!“, war sich Sören sicher. Die Änderungen in der Organisation hatte die Vereinsführung zugesagt. Neue Trainingsanzüge sollten folgen, neue Trikots wurden in Aussicht gestellt. Für ihn, in der Rolle als Verantwortlicher, sollte das Team vernünftig auftreten.
Doch mit der Zeit hatte sich all das, was Ivo zugesagt hätte, verflüchtigt. Nur ein Neuzugang und fünf Flüchtlinge, die noch nicht einmal spielberichtigt waren, sollten das Team eine Klasse höher verstärken. Sören verrät im Gespräch mit Gökick, dass einige der Flüchtlinge sogar ohne Spielerlaubnis in Punktspielen aufgelaufen wären. Die Personalprobleme setzten sich fort. Der 57-jährige Drago Vukovic musste, als Matze Papierok eine Rot-Sperre absaß, zwischen die Pfosten des HNK-Tores. Die Organisation wurde immer miserabler. Das Trainingsequipment konnte in Ermangelung eines Schlüssels nicht im Maschpark untergebracht werden. Sören, als Polizist ohnehin mit wenig Zeit ausgestattet, musste so vor dem Training noch nach Holtensen fahren oder einen Transport organisieren. Immer wieder wurde er vertröstet, geändert hatte sich nichts. Die Trainingsanzüge, die im Katalog schon ausgesucht waren, sollten nur eine schöne Illusion bleiben. Dann lief das Fass über: Bei einer Trainingseinheit waren lediglich ein verletzter und ein gesperrter Spieler sowie Trainerkollege Drago Vukovic anwesend. Anfangs hatten sich die Spieler noch per WhatsApp abgemeldet, nun hielten diese es nicht mehr für nötig. Hilfe vom Vorstand: Fehlanzeige. All das hatte sich in den Anfangswochen der Saison angehäuft und dazu geführt, dass Sören das Handtuch warf. Solange sich nicht etwas ändern sollte, wolle er nicht mehr spielen. Zufälligerweise fiel seine Demission genau in den Zeitpunkt, als Ivo Vujevic seine Dienstleistung für Sören abgeschlossen hatte. „Das muss man aber strikt trennen. Das eine ist das Sportliche, das andere ist privat!“, meint er. Er hätte nie eine Versprechung abgegeben, sich aufgrund einer Preisreduzierung langfristig an den Verein zu binden. „Ivo und Steffi (seine Frau) sind mir sehr ans Herz gewachsen. Wir haben uns immer sehr gut verstanden. Deshalb tut es mir sehr leid für den Verein und die Freunde dort. Doch ich fühle mich als sportlich Verantwortlicher im Stich gelassen und bin entsprechend enttäuscht.“, begründet er sein Aus beim HNK. Anteile an der Fahrkarte hätte der Verein übrigens an seinen Bruder Niklas bezahlt, weil dieser sich damals noch in der Ausbildung befunden hätte – da hätte sich Ivo sicher nur geirrt.

Der Vorsitzende des Spielausschusses, Klaus Henkel, bestätigte gegenüber Gökick, dass ein Rückzugsgesuch des HNK vom Spielausschuss mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt wird. Der Grundsatz, dass immer die am tiefsten spielende Mannschaft eines Vereins zurückgezogen werden muss, werde Basis des Beschlusses sein. Das soll verhindern, dass alle festen Spieler plötzlich für die zweite oder dritte Mannschaft eingesetzt werden können. Die Lösung: Nach drei nicht angetretenen Spielen in einer Halbserie wird das Team automatisch aus dem Spielbetrieb gelöscht. Da die Rückrunde aber erst am 17. März startet, könnte sich der HNK erst am 1. April aus dem Spielbetrieb verabschieden, nachdem das Team – dass es nach einem Abmeldesturm schon nicht mehr gibt – dreimal nicht angetreten ist und dreimal die Strafe dafür bezahlen muss.

Somit ist also erneut ein hoffnungsvoll gestartetes Projekt in unserer Region gescheitert. Zurück bleiben enttäuschte Sportler, Fans und Funktionäre, die viel Engagement, Zeit, Nerven und teilweise auch Geld in diesen Verein gesteckt haben und gleichzeitig dazu beitrugen, ihn auch zu begraben.

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