Als Ali Karakaya im Sommer 2011 den VfB Sattenhausen als Spielertrainer übernahm, rieben sich die Fußballexperten der Region verwundert die Augen. Der Verein des 500-Seelen-Dorfes am äußersten Zipfel der Gemeinde Gleichen an der Konfessionsgrenze zum Eichsfeld spielte damals in der 3. Kreisklasse und war nur den eingefleischten Fans des Amateurfußballs bekannt. Heute, gut drei Jahre später, klopft Karakaya mit seinem Team an die Tür zur Kreisliga und begehrt Einlass zur Fußballelite unseres Kreises. Gökick-Online sprach mit dem ehemaligen Oberliga-Spieler über die Entwicklung des Teams unter seiner Regie.

Der Start im Sommer 2011 wurde Ali Karakaya durch die Einstufung seines Teams in die 2. Kreisklasse erleichtert. Obwohl das Team im Jahr vor seinem Amtsantritt in der 3. Kreisklasse A lediglich Zehnter und damit Vorletzter wurde, stufte der Spielausschuss das Team eine Klasse höher ein. Wie Ali augenzwinkernd verrät, erklärte ihm Alfred Bonenberger, damaliger Spielausschussleiter des NFV-Kreises Göttingen, dass das Niveau der Mannschaf mit seiner Verpflichtung eine höhere Einstufung rechtfertige. Ob das ernst gemeint war oder Bonenberger scherzen wollte, kann Karakaya heute nicht mehr zufriedenstellend beurteilen. Zumindest gelang ihm mit dem Team in der höheren Klasse am Saisonende ein achtbarer fünfter Tabellenplatz. Damals kamen bereits die ersten Spieler, die den Verein in den Jahren zuvor verlassen hatten, zurück. Daniel Scheibert und Heiko Wendhausen waren zwei, die den Weg zurückfanden. Aber auch junge Spieler wie Alexander Bindseil konnte Karakaya in sein neues Team einbauen.
Als dann im zweiten Jahr Christopher Fischer vom TSV Diemarden und Niklas Schütz kamen, avancierte der VfB zum Meisterschaftsanwärter. Ganz konkret wurde es, als in der Winterpause Erkan Beyazit völlig überraschend seinen Pass beim VfB abgab. Erkan hatte den FC Grone in der Landesliga verlassen und suchte eine neue Herausforderung. Weil er damals keinen passenden Verein fand, wollte er seinem Adelebser Kumpel Ali helfen. Am Ende der Saison 2012/13 wurde der VfB Sattenhausen Meister der 2. Kreisklasse A und krönte die starke Spielzeit mit dem Pokalsieg. Schon damals war zu sehen, Alis Arbeit hatte eine starke Sog-Wirkung und entfachte in dem Dorf ein Fußballbegeisterung, die bis heute ungebrochen scheint. „Die Jungs sind sehr engagiert und lernbegierig. Das zeigt die sehr gute Trainingsbeteiligung, die auf die hervorragende Kameradschaft zurückzuführen ist.“, verdeutlicht Karakaya, worauf der Erfolg fußt. Doch in der kommenden Saison in der 1. Kreisklasse A war der Anfang sehr schwer. Erkan Beyazit war zum TSV Seulingen zu seinem Bruder Ercan gewechselt. Plötzlich spielte das Team gegen den Abstieg, holte in der Hinrunde lediglich zehn Punkte. Zwar hatte sich die Mannschaft mit dem ehemaligen Bremker Malte Büermann verstärken können, doch spielte der VfB in der Hammer-Liga – mehrere Teams hatten extrem aufgerüstet – anfangs keine überragende Rolle. Im Winter kamen mit dem ehemaligen Oldenburger Oberliga-Spieler Tillmann Koch, der auch die Rolle des Co-Trainers ausfüllt, und mit dem starken Offensivmann Heisam Issa (von Inter Roj Göttingen) zwei Verstärkungen, die dazu beitrugen, dass die Klasse am Ende als Neunter noch gehalten werden konnte. Ali hatte die beiden bei einem Freizeitkick in der Soccer-Arena getroffen und sie von einem Wechsel nach Sattenhausen überzeugen können. Nach der Reduzierung der Staffelanzahl in der 1. Kreisklasse wurde der VfB in der laufenden Saison 2014/15 in die neue Staffel „Mitte“ eingeordnet. Nochmals konnte Ali sein Team verstärken. Mit Daniel Ebers, Vedat Abdulahi und Yama Aslam kamen drei weitere Spieler vom Liga-Konkurrenten SV Inter Roj Göttingen. Zudem folgte Theodor Koch, einst A-Jugend-Bundesliga-Spieler von Energie Cottbus seinem Bruder Tillmann nach Sattenhausen. Theodor, der in Leipzig studiert, reist extra zu den Punktspielen des VfB aus der sächsischen Metropole an. Seine Verpflichtung sei, so Ali, das Ergebnis einer Kiste Bier gewesen, die es nach einem Training in der Sattenhäuser Kabine gegeben hätte, als Theodor seinen Bruder besucht und zum Spaß mit trainiert hätte. Mit dem neuen Team beherrscht der VfB aktuell die Liga. Nach dem knappen 2:1-Sieg über Puma Göttingen am vergangenen Wochenende kann sich der VfB mit elf Siegen und einer Niederlage – 3:2 verlor man beim FC Höherberg – Herbstmeister nennen. Ali Karakaya weiß, dass im Amateursport vor allem eine gute Gemeinschaft für Erfolge sorgt. Das hat er in Sattenhausen geschaffen. Es gibt keine Stars, jeder trägt etwas dazu bei, damit sich alle wohlfühlen. So organisiert das Team sich selbst. Vor dem Spiel gibt es Obst und Schokolade in der Kabine, die Trikots werden vor dem Spiel bereits am Sitzplatz der einzelnen Spieler aufgehängt, der Platz wird in Eigenregie abgekreidet. Außerhalb des Platzes unternehmen die Spieler in ihrer Freizeit viel gemeinsam. Am spielfreien, vergangenen Wochenende feierte der Verein ein großes Fan-Fest mit der Mannschaft und den Anhängern im Dorfgemeinschaftshaus. Ganz wichtig für den Trainer ist sein Co., Tillmann Koch. „Er hat viel für das Team mitgebracht!“, lob Karakaya seinen Assistenten. Der ehemalige Oberligaspieler – er spielte in der Saison 2012/13 für den VfB Oldenburg – hat viel Erfahrung in der Trainingsgestaltung, insbesondere mit Stabilitätsübungen, und ausgezeichnete taktische Kenntnisse. Mit seinem Ehrgeiz und seiner „Galligkeit“ (Karakaya) stecke der Innenverteidiger die Jungs auf dem Platz an. Zudem sei das Umfeld in Sattenhausen einzigartig. Der Förderkreis organisiere bei den sehr gut besuchten Heimspielen das Catering und sorge damit dafür, dass sich die Zuschauer am Sportplatz wohlfühlten. Das Frauen-Team unterstütze die Mannschaft bei jedem Auftritt lautstark. Es hat sich viel entwickelt, seit Ali in Sattenhausen das Zepter schwingt. Nicht durch viel Geld und auch nicht in kürzester Frist, sondern mit viel Spaß und mit Bedingungen, die nachhaltig wirken.
Der heute 38-jährige Ali Karakaya ist vielen Fußballfreunden aus besseren Fußballzeiten bekannt. Der Adelebser begann im Alter von sechs Jahren bei der JSG Schwülme mit dem Fußballspielen. Nach der Jugend spielte er unter Bernd Aschenbrandt beim TSV Adelebsen zwei Jahre lang in der Bezirksklasse. Dann holte ihn Trainer Kurt Krauß im Jahr 1996 zur SVG Göttingen in die Oberliga. Nach nur einem halben Jahr wurde der Übungsleiter von SVG-Chef Heini Doil wegen einer Geburtstagsfeier unter dubiosen Umständen gefeuert. Norbert Böning übernahm bis zum Ende der Saison. Dann kam Helmut Latermann als Trainer zur SVG. Der befand Ali nicht oberligatauglich und ließ ihn nicht mehr spielen. Beim 1. SC Göttingen 05 auf der anderen Leineseite hatte im Sommer 1998 Achim Krug in seiner zweiten Amtszeit gerade den Trainerjob nach dem Abstieg aus der Regionalliga übernommen. Da nur ein Spieler des Regionalliga-Teams bleiben wollte, richtete Krug für die Region ein Sichtungstrainingslager aus. Ali nahm teil und unter der Dusche teilte Krug ihm mit, dass er ihn gern im Team haben wolle. So ging Ali zu den Schwarz-Gelben. Im ersten Oberliga-Spiel besiegte er mit 05 seinen alten Verein SVG gleich mit 3:0 – eine gewisse Genugtuung in Richtung Trainer Latermann verschweigt Ali nicht. In der Saison 1998/99 wurde 05 Meister und kehrte zurück in die Regionalliga. Dort spielte er gegen solch klangvolle Teams wie Eintracht Braunschweig, VfL Osnabrück und Holstein Kiel mit Spielern wie Dieter Hecking, Christian Rahn und Paul Stalteri. Infolge einer Liga-Reform – ab der Saison 2000/01 spielte die Regionalliga nur noch mit zwei Staffeln – schaffte es das Team in der Saison 1999/2000 nicht, die Klasse zu halten. Damals stiegen zwölf Mannschafte ab. Für Ali bedeutete dies eine Rückkehr zur SVG, wo er unter Trainer Wilfried Rusteberg als Kapitän im Jahr 2001 erneut die bitter Pille des Abstiegs schlucken musste, damals aus der Niedersachsenliga. Er ging als Spieler in die 1. Kreisklasse zu Anadolu Göttingen, die, im Maschpark ansässig, großes vorhatten. Prompt gelang mit ihm in der Saison 2001/02 der Aufstieg in die Kreisliga. Auch dort marschierte das Team mit Ercan und Özcan Beyazit in nur einer Saison hindurch in Richtung Bezirksklasse. In der Bezirksklasse kamen weitere Verstärkungen wie Robert Semenic, Siamak Tooran und Mohamed Oudali und erneut hieß der Meister Anadolu. Im Jahr 2004/05 spielte Anadolu also in der Bezirksliga. Mit Spielern wie Said Kordbacheh, Bastian Sadlowski, Cihan Sinanoglu, Elvis Hasani und Ibrahim Souleiman gelang erneut der Durchmarsch in die Landesliga. In der Landesliga war dann das Geld alle. Im Winter 2006 verließen die meisten Spieler den Türkischen Verein, der nach der Saison den Spielbetrieb einstellte. Ali ging zum TuSpo Peterhütte, wo er 18 Monate spielte und nach dem Abstieg zum RSV Göttingen 05 wechselte, der in der Saison 2007/08 von Helmut Latermann gecoacht wurde. Dieser hatte aber zuvor Ali gegenüber die Einschätzung, er sei nicht oberligatauglich, als eigenen Fehler revidiert. Und so spielte er noch zwei Jahre an der Benzstraße. In der ersten Saison stieg er in die Landesliga auf, im zweiten Jahr – damals gemeinsam mit seinem jetzigen Co-Trainer Tillmann Koch – wurde er Landesliga-Vierter. Dann verließ er auch den RSV, denn sein Heimatverein, inzwischen im FC Lindenberg Adelebsen aufgegangen, rief. Gemeinsam mit Dani El Eid und Gerrit Snater spielte er unter Bodo Schmidt in der Kreisliga. Doch weil Versprechungen des Vereins nicht eingehalten wurden, hörte er auch dort im Winter auf und spielte ein halbes Jahr keinen Fußball mehr. Dann wechselte er nach Hessen zum FC Niederhohne bei Eschwege in die Kreisoberliga. Doch die Fahrerei schlauchte, so dass der selbständige Finanzberater Ali Karakaya im Februar sein Engagement in Hessen wieder beendete. Ab Mai beendet er die Saison 2010/11 beim TSV Holtensen in der Landesliga, wo er noch den Klassenerhalt schaffte, der sich dann aber als sinnlos erweisen sollte, weil Holtensen für die kommenden Saison kein Team mehr meldete.
Nach der Saison begann für Ali das Abenteuer Sattenhausen, das er bis heute sehr erfolgreich erlebte.

Obwohl Ali keinerlei Druck verspürt, würde er natürlich gern mit seinem VfV Sattenhausen in die Kreisliga aufsteigen. Als schärfsten Konkurrenten auf dem Weg zur Meisterschaft sieht er den TSV Nesselröden von seinem Kollegen Djordje Curcic. Aber auch die anderen Teams sind nicht zu unterschätzen. Und sollte es wirklich gelingen, dann, da ist sich der Vater der 10 Monate alten Selma sicher, würde sich an der eigeschlagenen Strategie nichts ändern. Es wäre für den VfB ein absolut großes Geschenk. Und selbst wenn es dann gegen den Abstieg gehen sollte, würde das, wie im Vorjahr, die gute Stimmung rund um den VfB Sattenhausen nicht eintrüben. Aber erst einmal heißt es in der Rückrunde, die Tabellenführung gegen die Angriffe der Konkurrenz zu verteidigen.